Aus dem Wochenmagazin ff: Bildungshäuser in Zeiten von Corona

Das Wochenmagazin ff hat für die aktuelle Ausgabe mehrere Bildungseinrichtungen interviewt und diese nach Erfahrungen und Perspektiven in der Erwachsenenbildung während und nach Corona gefragt. Für die VHS wurde unsere Direktorin Barbara Pixner befragt. Lesen Sie hier das komplette Interview, geführt von Verena Spechtenhauser, nach:

Warum ist es in Zeiten von Corona wichtig den Menschen digitale Weiterbildung zu ermöglichen bzw. den Bildungsauftrag weiterhin auszuführen?

Im Zentrum von Bildung steht die Vermittlung von Wissen und Können. Und dafür gibt es glücklicherweise unterschiedliche Methoden. Waren es vor Corona zum Großteil Veranstaltungen in Präsenzform, sind wir darauf übergegangen, unsere Kurse, Seminare und auch Vorträge auf eine Videoplattform zu verlegen: seit April 2020 bieten wir Online-Veranstaltungen an. Unsere Teilnehmer*innen wie auch Referent*innen waren überaus begeistert und froh. Froh, weil sie trotz der Einschränkungen im Alltag nicht auf Weiterbildung verzichten mussten. Ich behaupte sogar, dass wir die Welt ins Haus gebracht haben, die im Lockdown ausgesperrt war. Denn an einem Onlinekurs teilzunehmen, bedeutet, live mit anderen Mitmenschen in Kontakt zu sein, und sich über den Lehrinhalt hinaus auch menschlich nahe zu sein. Wir haben uns immer auch als Treffpunkt verstanden. Weiterbildung hat eine stark soziale Komponente und wir haben es ermöglich, diese trotz Kontakteinschränkungen aufrecht zu erhalten. Zwar online, aber immerhin.

Welche Angebote bieten Sie den Interessierten? Wo liegt ihr Schwerpunkt und hat sich das Angebot seit dem 1. Lockdown und der Corona-Krise verändert? Wenn ja in welcher Form und warum? Was ist ihnen nun besonders wichtig?

Die VHS Südtirol ist – gemessen an der Anzahl der durchgeführten Veranstaltungen – die größte Weiterbildungseinrichtung Südtirols. Wir sind in 26 Ortsstellen aktiv. Der Lockdown im März 2020 hat uns vor große Herausforderungen gestellt, denn pro Semester sind ca. 9.000 Teilnehmer*innen an unseren Kursen eingeschrieben. Sehr schnell ist im April 2020 unser Onlineangebot gestartet. Es hat sich gezeigt, dass die Menschen an allen Themen Interesse hatten. Es gibt Onlinekurse im Bereich Sprachen, Kultur, Beruf, EDV, Freizeit & Hobby und Gesundheit & Bewegung. Zwar in unterschiedlichem Ausmaß, aber mit konstantem Interesse, sei es beim ersten Lockdown im März, wie auch im November und jetzt wieder. Weniger Nachfrage gab es in Phasen, in denen Präsenz- oder auch Hybridkurse erlaubt waren. Sobald jedoch klar war, dass es wieder Einschränkungen gibt, sind die Teilnehmer*innen in die Onlinekurse gekommen.

Wichtig ist uns, dass nicht nur jene teilnehmen können, die digital schon fit sind. Wir haben in sehr vielen kostenlosen Online-Schnuppertreffen erklärt, wie die Videoplattform funktioniert. Verstehen, wie der Onlinekurs funktioniert, ist die Voraussetzung an einer Teilnahme. Schlussendlich kann man mit allen Internetfähigen Endgeräten mitmachen: Handy, Tablet, PC.

Welche Angebote werden im Moment besonders gut angenommen? Erhalten Sie auch Feedback von Menschen, welche Angebote sie sich in der momentanen Situation besonders wünschen würden?

Wir führen viele Sprachkurse durch, z. T. sind das Gruppen, die schon länger gemeinsam im Kurs waren und nun einfach statt im Seminarraum online beisammensitzen.

Viele nutzen die Angebote, um sich beruflich weiterzubilden (Presseakademie, Social Media Marketing, Office 365 – Angebote), andere, um Neues zu lernen oder sich einfach die Zeit zu vertreiben. In Zusammenarbeit mit dem Konservatorium Monteverdi Bozen gibt es an der VHS derzeit das Studium Generale Musikwissenschaft. Im Herbst haben die Seminare noch hybrid stattgefunden (Teilnehmer*innen konnten entweder in Präsenz oder live online dabei sein), dann komplett online.

Einen großen Vorteil bietet das Onlinelernen aktuell: jeder kann mitmachen, egal wo er wohnt. Wir haben sehr schöne Rückmeldungen bekommen, die uns motiviert haben: Die Teilnehmer*innen waren dankbar, dass wir nicht einfach abgewartet, sondern ihnen Angebote und Abwechslung geboten haben.

Welches Publikum nimmt das Online Angebot besonders gut an? Welches Publikum können sie online nicht erreichen und macht ihnen das Sorgen? Warum?

Sehr viele unsere Stammkunden haben auf online gewechselt, andere haben nach anfänglicher Skepsis doch auch probiert. Und dann gibt es wieder Teilnehmer*innen, die keinen Onlinekurs besuchen möchten und das auch klar so sagen. Wir machen uns keine Sorgen darum, denn wir bieten jede Hilfe an, die gefragt ist: es gibt unsere kostenlosen Schnuppertreffen und wir informieren wöchentlich über Newsletter und Social Media, was die VHS anbietet und welche unterschiedlichen Möglichkeiten es hier gibt. Wir beraten unsere Kunden telefonisch und halten sie ständig auf dem Laufenden. Wir haben mit dieser völlig veränderten Angebotssituation Menschen erreicht, die sonst nicht zur VHS gefunden hätten. Und die Onlineteilnahme ist keine Altersfrage. Unsere Kund*innen verteilen sich auf alle Altersklassen! Äußerst wichtig ist die laufende, transparente Kommunikation: was wird angeboten, was abgesagt. Was sind die nächsten Schritte und Möglichkeiten.

Warum sind die Bildungshäuser ihrer Meinung nach digital gut vorbereitet? Oder warum nicht?

Ich kann nicht für andere sprechen. Die VHS bietet schon sehr lange eLearning-Kurse an und auch intern bzw. arbeitsorganisatorisch waren wir immer auf einem sehr modernen Weg, dank unseres Präsidenten Oswald Rogger, der sich um die IT-Prozesse kümmert. Wir haben innerhalb eines Tages komplett auf Homeoffice umgestellt, da die Voraussetzungen schon gegeben waren. Mit unseren Partnern aus dem „Forum Alpenraum“ (VHSn aus Vorarlberg, Tirol und Salzburg) haben wir die Ausbildung unserer Referent*innen auf die Beine gestellt, damit sie Onlinekurse halten können. Es ist wichtig, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und in Herausforderungen Chancen zu erkennen. Die VHS hat wie alle anderen Anbieter auch die Auswirkungen zu spüren bekommen. Sagen wir mal ganz überspitzt: die digitale Weiterentwicklung des Angebotes, das wir sowieso ausbauen wollten, ist schneller eingetreten, als wir uns erhofft haben. Mit allen Vor- und Nachteilen.

 

Wie sehen Sie die Zukunft im Bereich der Bildungshäuser? Was würden Sie sich für die kommenden Monate (zum Beispiel auch von der Politik) wünschen? Wo bräuchten die Bildungshäuser mehr Unterstützung?

Sobald Präsenzkurse wieder erlaubt sind, werden wir diese anbieten und die Teilnehmer*innen und auch die Referent*innen werden sich sehr darüber freuen. Wir sind ein Ort der Begegnung und die ist so wertvoll für uns alle. Onlineangebote wird es weiterhin geben, denn sie erlauben eine Teilnahme bzw. Teilhabe an Wissen für Menschen, die bei Präsenzkursen nicht dabei sein können, aus welchen Gründen auch immer.

Klar ist, dass ein Jahr wie 2020 und nun auch 2021 in keinster Weise mit anderen Jahren zu vergleichen ist und, dass die Weiterbildungsorganisationen eine starke finanzielle Unterstützung brauchen bzw. brauchen werden. Die Erwachsenenbildung spielt eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft und dafür muss sie auch gesehen und unterstützt werden. In Menschen bzw. Köpfe zu investieren ist eine Vorsorge für die Gesellschaft von morgen. Eine Gesellschaft, in der wir gerne leben möchten.

Für die VHS und für die Weiterbildung allgemein wünsche ich mir, dass wir bald wieder für die Menschen vor Ort da sein dürfen: mit durchdachten Sicherheitskonzepten und einer nachvollziehbaren Vorgabe von Seiten der Politik, die die Begegnung in einer Form ermöglicht, die operativ auch umsetzbar ist.

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